Wir kommen auch zu viert klar!

Es war Zufall, dass das Telefon klingelte – und für Birgit Zirps Hilfe in allerhöchster Not. Eine Mitarbeiterin der Schwangerenberatungsstelle fragte nach der Geburtsurkunde ihrer kleinen Tochter. Sandra war im Mai 2007 zur Welt gekommen – als drittes Kind der Alleinerziehenden.

„Es ist alles schief gegangen“, brach es aus der 38-Jährigen heraus, sie konnte nur noch weinen. Das Baby, auf das sich die ganze Familie so gefreut hatte, lag seit Wochen weit entfernt in der Cottbusser Kinderklinik. Bewegungslos und nur von Geräten am Leben gehalten. Während der Geburt war eine sehr seltene Komplikation eingetreten, eine Fruchtwasserembolie, an der auch Birgit Zirps fast gestorben wäre. Fünf Tage lag sie im Koma. Danach erklärten ihr die Ärzte, dass ihre Tochter niemals ein normales Leben führen würde. Obwohl die kleine Sandra kein geplantes Kind gewesen war, hatte sich Birgit Zirps doch im Herbst 2006 nach einer Bedenkzeit ganz bewusst für das Kind entschieden. Dabei war ihre Lage alles andere als einfach.  Die Arbeit als Briefzustellerin hatte sie Anfang der 90er Jahre verloren. Danach war sie erst einmal nach München gegangen, dorthin, wo es Arbeit gab. In Bayern hatte sie ihren Mann kennen gelernt, geheiratet, zwei Kinder bekommen. Als die Ehe scheiterte, kehrte sie mit ihnen nach Brandenburg zurück – zu ihren Freunden und ihrer Mutter. „Wir kommen auch zu viert klar!“, erklärte sie schließlich selbstbewusst. Inzwischen hatte sie eine Umschulung zur Kauffrau absolviert, arbeitete stundenweise in einem Geschäft für Anglerbedarf und hoffte dort auf eine Festanstellung. Sie und ihre Kinder sollten nicht mehr auf Hartz IV angewiesen sein.

Mit Sandras Geburt sah nun alles ganz anders aus: „Ich weiß nicht, wie es weiter gehen soll!“ Zuviel brach über ihr zusammen. Das schwerstbehinderte Baby im Krankenhaus, die beiden Größeren, die erst mit der Angst um die Mutter und nun mit der Wahrheit fertig werden mussten, dass ihre kleine Schwester nie ein gesundes fröhliches Kind sein würde. Dazu massive Geldprobleme. Als Birgit Zirps aus der Klinik entlassen wurde, lag eine Krankenhaustagegeld-Rechnung von über 170 Euro im Briefkasten. Anfang Juli blieb dann auch noch das Hartz-IV-Geld aus. Die Bearbeiterin war mit der Neuberechnung für die größere Familie nicht so schnell nachgekommen. Buchstäblich keinen Cent hatte Birgit Zirps mehr in der Tasche. Dabei brauchte sie doch zu allem anderen noch das Fahrgeld für den Zug, um zu ihrem kranken Baby zu fahren – zwölf Euro am Tag. Wie sollte sie das aufbringen?

Die Mitarbeiterin der Schwangerenberatungsstelle reagierte sofort: „Ich stelle für Sie einen Antrag. Sie bekommen Hilfe!“ Schon kurz darauf konnte der 10-jährige Pascal in die Ferienspiele und der 13-jährigen Vivien wurde sogar ein ganz besonderer Wunsch erfüllt: eine Woche Urlaub auf dem Reiterhof. Birgit Zirps erhielt das Fahrgeld, um täglich zu ihrer Kleinen nach Cottbus zu fahren, außerdem Geld für Kinderbekleidung. „Auf einmal konnte ich wieder Luft holen und zu mir kommen.“ Sobald es möglich war, organisierte sie alles Nötige, um ihr Baby nach Hause zu holen. Inzwischen ist Sandra bei ihrer Familie und wird dort zusätzlich von einer Säuglingsschwester betreut. Im Oktober konnte Birgit Zirps dann mit ihren beiden Großen verreisen. Die Krankenkasse half mit einer speziellen Mutter-Kind-Kur, die schwierige Situation gemeinsam zu verarbeiten.

Birgit Zirps, Massen, drei Kinder

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